Gehalt verhandeln: 4 psychologische Tipps für Frauen
- laureensuess
- 1. Aug.
- 5 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 27. Aug.
Warum Frauen beim Gehalt verhandeln oft anders agieren und wie du souverän bei deiner nächsten Verhandlung auftrittst


Warum fällt es vielen Frauen schwer, über Geld zu sprechen?
Im Vergleich zu Männern zweifeln Frauen häufiger an ihrer eigenen Leistung, selbst wenn sie objektiv betrachtet gleich kompetent sind (Kay & Shipman, 2014). Diese sogenannte "Impostor-Erfahrung" (Clance & Imes, 1978) führt dazu, dass sich finanzielle Forderungen unangemessen oder übertrieben anfühlen, selbst wenn sie sachlich begründet sind. Laut Forschung neigen Frauen tendenziell auch zu höherem Leistungsstreben und Perfektionismus und stellen sich selbst oft erst dann ins Licht, wenn sie "100% abliefern" können (Flett & Hewitt, 2002). Wer denkt: "Ich bin noch nicht gut genug für eine Gehaltserhöhung", verhandelt nicht und bleibt somit langfristig unter seinem Wert. Es zeigt sich: die Hürde ist nicht mangelndes Können, sondern ein erlerntes Muster. Daher ist es wichtig, sich den inneren Blockaden bewusst zu machen und sie aktiv zu hinterfragen.
Wenn du lernst, Selbstwert und Authentizität zu stärken, fällt es leichter, deine Leistungen sichtbar zu machen. Siehe dazu auch meinen Artikel "Authentizität im Job".
4 psychologische Tipps für deine Gehaltsverhandlung
Die gute Nachricht: Gehalt verhandeln lässt sich lernen. Mit den nachfolgenden 4 praxiserprobten Tipps kannst du lernen Muster zu durchbrechen und die Chancen auf ein höheres Gehalt zu steigern:
Bereite dich emotional vor, nicht nur fachlich
Viele Menschen bereiten sich auf Fakten vor, aber vergessen den inneren Dialog. Gerade Frauen stellen sich oft selbst infrage: „Bin ich wirklich gut genug?“
Tipp: Erstelle neben einer Liste mit deinen beruflichen Erfolgen auch eine Liste mit deinen persönlichen Stärken. Formuliere diesse als positive Selbstbotschaften ("Ich bin kommunikationsstark", "Ich bin lösungsorientiert" etc.). So aktivierst du ein Gefühl von innerer Berechtigung - und gehst emotional stabiler und selbstbewusster in das Gespräch.
Weitere Impulse zum Thema innere Klarheit findest du im Artikel "Nein sagen im Job".
Stelle deine Leistung in den Fokus – nicht deine Bedürfnisse
Stelle den Mehrwert deiner Arbeit in den Mittelpunkt und kommuniziere deinen Wert in Form von konkreten Ergebnissen. Vermeide Sätze wie "Ich würde mich über mehr Gehalt freuen" oder "Ich brauche mehr Geld, weil..". Formuliere stattdessen:
„Ich habe in den letzten Monaten XYZ erfolgreich umgesetzt und Verantwortung für [Projekt/Team/Prozesse] übernommen. Auf dieser Basis möchte ich über eine faire Gehaltsanpassung sprechen.“
Nutze die „Ankertechnik“ – nenne eine konkrete Zahl
Wer eine konkrete Zahl nennt, setzt einen sogenannten psychologischen Anker, an welchem sich die weitere Verhandlung orientiert. Wird keine Zahl genannt, übernimmt oft die Gegenseite die Führung und bleibt deutlich unter dem möglichen Rahmen.
Tipp: Recherchiere vorher marktübliche Gehaltsspannen für deine Branche und Position. Wähle dann einen moderat überdurchschnittlichen Betrag, damit noch genügend Verhandlungsspielraum für die Gegenseite besteht und du dennoch zufrieden aus deiner Gehaltsverhandlung gehen kannst
Erlaube dir, deinen Wert zu vertreten
Viele Frauen tragen tief verankerte Glaubenssätze in sich: „Ich darf nicht zu viel verlangen“ oder „Ich bin undankbar, wenn ich mehr will“.
In der psychologischen Forschung gilt Selbstwert als zentrale Ressource für Handlungssicherheit, besonders bei Gehaltsverhandlungen (Rosenberg, 1965; Neff, 2003). Wer den eigenen Beitrag unterschätzt, tritt unsicher auf und sendet ungewollt Signale der Unterordnung. Das beeinflusst nicht nur das Gesprächsklima, sondern auch die Bewertung durch das Gegenüber. Studien zeigen: Menschen, die ihre Leistung selbstbewusst benennen können, werden als kompetenter und verlässlicher wahrgenommen (Cuddy et al., 2011).
Dich für deinen Wert einzusetzen, ist daher keine Selbstüberschätzung, sondern ein Ausdruck gesunder Selbstachtung. Du brauchst dich nicht zu rechtfertigen, sondern darfst klar und konstruktiv kommunizieren: „Das ist mein Beitrag und dieser ist wertvoll.“ Du musst dich nicht rechtfertigen. Du darfst verlangen, was deiner Leistung entspricht.
Tipp: Frage dich bewusst:
Was ist meine Leistung wert – objektiv betrachtet?
Was würde ich meiner besten Freundin in dieser Situation raten
Fazit: Du darfst mehr verlangen – und du kannst es auch
Über das eigene Gehalt zu sprechen ist kein Zeichen von Selbstüberschätzung, sondern von innerer Klarheit. Du musst dabei nicht perfekt sein - aber du darfst sichtbar sein.
Wer sich vorbereitet – inhaltlich und emotional –, schafft die Basis für ein souveränes Gespräch auf Augenhöhe. Denn echte Wertschätzung beginnt immer bei dir selbst.
Du willst dich gezielt vorbereiten?
In meiner psychologischen Beratung unterstütze ich Frauen dabei, innere Blockaden zu lösen, sich selbstbewusster zu positionieren und mit klarem Kopf durch schwierige Gespräche zu gehen.
🔎 FAQ – Gehaltsverhandlung für Frauen
Warum fällt es vielen Frauen schwer, über Gehalt zu sprechen?
Viele Frauen zweifeln an ihrer Leistung und haben das Gefühl, nicht genug zu leisten, um eine Gehaltserhöhung zu rechtfertigen. Psychologische Muster wie das Impostor-Syndrom oder übermäßiger Perfektionismus führen dazu, dass finanzielle Forderungen unangemessen erscheinen, obwohl sie objektiv berechtigt sind. Mehr erfährst du hier: Psychologische Beratung für Frauen - Warum sie so wichtig ist.
Wie kann ich mich emotional auf eine Gehaltsverhandlung vorbereiten?
Neben Fakten solltest du auch deinen inneren Dialog vorbereiten. Erstelle eine Liste mit deinen beruflichen Erfolgen und persönlichen Stärken. Diese stärken dein Selbstbewusstsein und helfen dir, emotional sicher in das Gespräch zu gehen.
Was sollte ich bei der Formulierung meiner Gehaltsforderung beachten?
Stelle deine Leistungen in den Fokus, nicht deine Bedürfnisse. Vermeide Sätze wie „Ich brauche mehr Geld“ und nenne stattdessen konkrete Erfolge und Beiträge, auf deren Basis du eine faire Gehaltsanpassung forderst.
Welche Zahl sollte ich bei der Gehaltsverhandlung nennen?
Nutze die psychologische Ankertechnik: Recherchiere marktübliche Gehälter und nenne selbstbewusst eine realistische, aber etwas überdurchschnittliche Zahl. So behältst du die Gesprächsführung und schaffst Verhandlungsspielraum.
Ist es egoistisch, ein höheres Gehalt zu fordern?
Nein. Für den eigenen Wert einzustehen ist ein Zeichen gesunder Selbstachtung – keine Selbstüberschätzung. Studien zeigen: Wer selbstbewusst auftritt, wird auch von anderen als kompetenter wahrgenommen. Du darfst sagen: „Das ist mein Beitrag und der ist wertvoll.“
Wann ist professionelle Unterstützung bei Gehaltsverhandlungen sinnvoll?
Wenn du regelmäßig Blockaden spürst, dich im Gespräch schnell verunsichern lässt oder das Gefühl hast, unter deinem Wert zu arbeiten, kann psychologische Beratung helfen. Gemeinsam lassen sich innere Hürden lösen und ein souveräner Auftritt entwickeln. Siehe dazu: Was ist psychologische Beratung und wann hilft sie?
Quellen & weiterführende Literatur:
Babcock, L., & Laschever, S. (2003). Women Don’t Ask: The High Cost of Avoiding Negotiation – and Positive Strategies for Change. Princeton University Press.
Bowles, H. R., Babcock, L., & Lai, L. (2007). Social incentives for gender differences in the propensity to initiate negotiations: Sometimes it does hurt to ask. Organizational Behavior and Human Decision Processes, 103(1), 84–103.
Clance, P. R., & Imes, S. A. (1978). The imposter phenomenon in high achieving women: Dynamics and therapeutic intervention. Psychotherapy: Theory, Research & Practice, 15(3), 241–247.
Cuddy, A. J. C., Fiske, S. T., & Glick, P. (2011). The dynamics of warmth and competence judgments in interpersonal perception. Journal of Social Issues, 67(3), 451–463.
Flett, G. L., & Hewitt, P. L. (2002). Perfectionism: Theory, research, and treatment. American Psychological Association.
Kay, K., & Shipman, C. (2014). The Confidence Code: The Science and Art of Self-Assurance—What Women Should Know. HarperBusiness.
Neff, K. D. (2003). Self-compassion: An alternative conceptualization of a healthy attitude toward oneself. Self and Identity, 2(2), 85–101.
Rosenberg, M. (1965). Society and the adolescent self-image. Princeton University Press.




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