Jobwechsel oder bleiben? So triffst du eine klare Entscheidung
- laureensuess
- 2. Aug.
- 5 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 27. Aug.
Jobwechsel oder bleiben? Erfahre, wie du berufliche Entscheidungen psychologisch fundiert, klar und nachhaltig triffst. Für Frauen in Umbruchphasen.


Ein beruflicher Wechsel kann der Beginn von etwas Neuem sein oder eine überstürzte Reaktion auf kurzfristige Unzufriedenheit. Doch wann lohnt sich ein Jobwechsel wirklich? Und woran erkennst du, ob bleiben die bessere Entscheidung wäre?
In diesem Artikel erfährst du, welche psychologischen Prozesse hinter der Entscheidungsfindung stehen und wie du mit 5 wissenschaftlich fundierten Strategien zu mehr Klarheit findest.
Warum uns berufliche Entscheidungen so schwerfallen
Entscheidungen wie „gehen oder bleiben“ fordern uns auf mehreren Ebenen. Die Kognitionspsychologie beschreibt solche Entscheidungen als „mehrzielige Entscheidungen unter Unsicherheit“ (Gigerenzer, 2004). Dabei geht es nicht nur um Fakten, sondern um Zukunftsbilder, Werte und Identität.
Gerade Frauen erleben bei beruflichen Wendepunkten häufig ein Spannungsfeld zwischen Leistungsanspruch, Sicherheit und Selbstverwirklichung. Besonders dann, wenn äußere Rahmenbedingungen (z. B. Vereinbarkeit von Familie und Beruf) die Entscheidungsfreiheit einschränken (Eagly & Carli, 2007). Die Folge: Grübeln statt Klarheit.
Unsicherheit kann zu Entscheidungsaufschub führen.
Laut der Decisional Conflict Theory (O'Connor, 1995) entsteht dieser Zustand, wenn persönliche Werte unklar sind oder relevante Informationen fehlen. Besonders in stressigen Lebensphasen fällt es schwer, einen klaren Gedanken zu fassen und die Situation strukturiert zu analysieren. Das Risiko für sogenannte "Overchoice"-Effekte, also die Überforderung durch zu viele Optionen (Iyengar & Lepper, 2000), steigt. Nachfolgend findest du 5 Tipps, die dir bei der Orientierungslosigkeit helfen.
Wer den Umgang mit beruflicher Unsicherheit übt, profitiert auch bei der Stressbewältigung im Job. Siehe dazu: Stress im Job - Tipps.
5 psychologische Strategien für klare berufliche Entscheidungen
1. Benenne deine Unzufriedenheit konkret
Das Zürcher Ressourcen Modell (Storch & Krause, 2007) zeigt: Veränderungsmotivation entsteht durch den Widerspruch zwischen gelebtem Alltag und inneren Bedürfnissen. Unzufriedenheit ist ein Warnsignal, nur leider oft unspezifisch. Frage dich:
Liegt es am Arbeitsinhalt, an der Führung, am Team oder an mangelnden Entwicklungschancen?
Welche Situationen im Arbeitsalltag kosten dich am meisten Energie?
Reflektiere deine beruflichen Werte
Kurzfristige Frustration ist kein zuverlässiger Gradmesser. Langfristige Passung entsteht, wenn dein Beruf mit deinen zentralen Werten übereinstimmt: wie etwa Autonomie, Stabilität oder Sinnhaftigkeit (Schwartz, 1992).
Um langfristig mit Entscheidungen zufrieden zu sein, sollten diese an den eigenen Werten ausgerichtet sein.
Tipp: Notiere deine 3 wichtigsten beruflichen Werte und bewerte, wie gut dein aktueller Job sie erfüllt.
Mehr zum Thema Selbstwert & Authentizität findest du hier: Authentizität im Job.
Achte auf Körpersignale
Der Körper weiß oft mehr als der Verstand. Der „Felt Sense“ (Gendlin, 1978) beschreibt das intuitive, körperlich spürbare Wissen über eine Situation, noch bevor wir es in Worte fassen können. Dauermüdigkeit, Gereiztheit oder Magenprobleme können psychosomatische Hinweise auf berufliche Überforderung oder innere Ambivalenz sein (Gendlin, 1978).
Die besten Entscheidungen enstehen durch ein Zusammenspiel aus rationaler Abwägung und emotionalem Gespür (Damasio, 1994).
Ein rein „logischer“ Wechsel kann ebenso unpassend sein wie ein rein „gefühlter“. Ziel ist eine kohärente Entscheidung, die sich kognitiv und emotional stimmig anfühlt.
Tipp: Achte auf deine Körpersignale. Wenn du die Augen schließt und gedanklich über "Ich bleibe im Job" und "Ich gehe" nachdenkst: Welche Reaktion spürst du zuerst - Anspannung oder Erleichterung?
Wer sich besser abgrenzen möchte, findet weitere Tipps im Artikel "Nein sagen im Job".
Arbeite mit mentalen Szenarien
Die Forschung zeigt: Wir treffen bessere Entscheidungen, wenn wir uns Alternativen konkret vorstellen (Taylor & Pham, 1996). Stell dir vor:
Wie sieht dein Alltag in 6 Monaten aus, wenn du bleibst?
Und wenn du kündigst?
Tipp: Achte auf das innere Gefühl bei jeder Vorstellung: Erleichterung, Enge, Aufbruchsstimmung? Diese Emotionen geben oft Orientierung.
Entscheide dich nicht im Stress
Chronischer Stress schränkt die Entscheidungsfähigkeit ein. Der präfrontale Kortex – zuständig für Abwägung und Planung – arbeitet unter Belastung weniger effizient (Arnsten, 2009).
Tipp: Gib dir Raum und Zeit. Ein freier Tag, ein Waldspaziergang oder ein klärendes Gespräch mit einer neutralen Person können helfen, wieder klarer zu denken.
Auch hier kann Stressreduktion helfen. Mehr findest du im Artikel: "Stress im Job- 5 effektive Tipps zur Stressbewältigung".
Fazit: Berufliche Entscheidungen brauchen mehr als Pro- und Contra-Listen
Ein Jobwechsel ist nicht nur eine Frage des Lebenslaufs, sondern ein psychologischer Prozess. Wenn du lernst, deine Bedürfnisse, Werte und körperlichen Reaktionen ernst zu nehmen, gewinnst du Sicherheit in der Entscheidung. Vielleicht ist jetzt der richtige Moment, nicht nur über Alternativen nachzudenken, sondern dich selbst zu fragen, was du wirklich willst.
Bist du bereit, berufliche Klarheit zu gewinnen?
In meiner psychologischen Beratung erarbeiten wir gemeinsam einen klaren Weg, der zu dir und deinen Lebensumständen passt.
🔎 FAQ - Jobwechsel oder bleiben?
Wann ist ein Jobwechsel sinnvoll?
Ein Jobwechsel lohnt sich, wenn die Unzufriedenheit über längere Zeit besteht und klar benennbare Ursachen hat: etwa fehlende Entwicklungsmöglichkeiten, schlechtes Führungsverhalten oder ein dauerhaft belastendes Arbeitsumfeld. Wichtig: Die Entscheidung sollte nicht aus einem Impuls heraus, sondern reflektiert getroffen werden.
Warum fällt es mir so schwer, eine Entscheidung über meinen Job zu treffen?
Berufliche Entscheidungen sind sogenannte „mehrzielige Entscheidungen unter Unsicherheit“. Es geht nicht nur um Fakten, sondern um persönliche Werte, Zukunftsvorstellungen und Identitätsfragen. Unsicherheit, Überforderung und Stress erschweren den Zugang zur inneren Klarheit: besonders bei Frauen in Umbruchphasen.
Wie erkenne ich, ob mein Job noch zu mir passt?
Stelle dir konkrete Fragen: Entspricht dein aktueller Job deinen wichtigsten beruflichen Werten (z. B. Autonomie, Sicherheit, Sinn)? Welche Aspekte kosten dich regelmäßig Energie? Achte zudem auf Körpersignale wie Anspannung, Müdigkeit oder Gereiztheit, denn sie liefern wichtige Hinweise auf innere Ambivalenz.
Mehr zu beruflicher Selbstreflexion und Authentizität: Authentizität im Job.
Welche psychologischen Strategien helfen bei beruflichen Entscheidungen?
Fünf fundierte Strategien helfen:
Benenne konkret, was dich unzufrieden macht.
Reflektiere deine zentralen beruflichen Werte.
Höre auf Körpersignale und Intuition.
Arbeite mit inneren Bildern und mentalen Szenarien.
Triff keine Entscheidung unter Stress – gib dir Zeit.
Wie kann ich mir über meine Werte und Bedürfnisse im Beruf klarer werden?
Notiere deine drei wichtigsten beruflichen Werte (z. B. Entwicklung, Stabilität, Sinnhaftigkeit) und bewerte, wie gut dein aktueller Job sie erfüllt. Wenn große Diskrepanzen bestehen, ist das ein Hinweis darauf, dass eine berufliche Veränderung sinnvoll sein kann.
Was tun, wenn ich mich trotz Analyse nicht entscheiden kann?
Entscheidungsblockaden entstehen oft durch Überforderung, Perfektionismus oder äußere Erwartungen. In solchen Situationen hilft es, professionelle Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Zum Beispiel durch psychologische Beratung. Eine neutrale Perspektive hilft, Klarheit zu gewinnen und stimmige Schritte zu entwickeln. Erfahre hier mehr: Was ist psychologische Beratung und wann hilft sie?
Quellen & weiterführende Literatur
Arnsten, A. F. T. (2009). Stress signalling pathways that impair prefrontal cortex structure and function. Nature Reviews Neuroscience, 10(6), 410–422.
Damasio, A. R. (1994). Descartes' Error: Emotion, Reason, and the Human Brain. New York: Avon Books.
Eagly, A. H., & Carli, L. L. (2007). Through the Labyrinth: The Truth About How Women Become Leaders. Boston: Harvard Business School Press.
Gendlin, E. T. (1978). Focusing. New York: Bantam Books.
Gigerenzer, G. (2004). Bauchentscheidungen: Die Intelligenz des Unbewussten und die Macht der Intuition. München: Goldmann Verlag.
Iyengar, S. S., & Lepper, M. R. (2000). When Choice is Demotivating: Can One Desire Too Much of a Good Thing?Journal of Personality and Social Psychology, 79(6), 995–1006.
O'Connor, A. M. (1995). Validation of a decisional conflict scale. Medical Decision Making, 15(1), 25–30.
Schwartz, S. H. (1992). Universals in the Content and Structure of Values: Theoretical Advances and Empirical Tests in 20 Countries. In M. Zanna (Ed.), Advances in Experimental Social Psychology (Vol. 25, pp. 1–65). Academic Press.
Storch, M., & Krause, F. (2007). Selbstmanagement – ressourcenorientiert. Das Zürcher Ressourcen Modell. Göttingen: Hogrefe.
Taylor, S. E., & Pham, L. B. (1996). Why thinking about goals and their achievement enhances performance. In P. M. Gollwitzer & J. A. Bargh (Eds.), The Psychology of Action: Linking Cognition and Motivation to Behavior (pp. 219–235). New York: Guilford Press.




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