Mobbing am Arbeitsplatz: Erkennen, verstehen und handeln
- laureensuess
- 23. Sept.
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 3. Okt.
Mobbing am Arbeitsplatz kann dich psychisch und beruflich stark belasten. Hier erfährst du, wie du es erkennst und welche Schritte dir jetzt helfen.


Mobbing am Arbeitsplatz – ein unterschätztes Risiko
Konflikte gehören zum Arbeitsalltag. Doch wenn abwertende Handlungen systematisch und wiederholt auftreten, sprechen Fachleute von Mobbing am Arbeitsplatz. Es geht dabei nicht um Meinungsverschiedenheiten oder gelegentliche Kritik, sondern um gezielte Strategien, eine Person zu demütigen, auszugrenzen oder beruflich zu schwächen. Studien zeigen: In Deutschland sind zwischen 10 und 15 Prozent der Beschäftigten im Laufe ihres Berufslebens von Mobbing betroffen (Zapf & Einarsen, 2020).
Die Folgen sind gravierend: Mobbing beeinträchtigt nicht nur das psychische Wohlbefinden, sondern wirkt sich auch negativ auf Leistungsfähigkeit, Teamklima und Unternehmenskultur aus. Umso wichtiger ist es, Mobbing frühzeitig zu erkennen und aktiv gegenzusteuern.
Was versteht man unter Mobbing am Arbeitsplatz?
Mobbing ist kein einmaliger Streit oder eine Meinungsverschiedenheit. Es handelt sich um wiederholte feindselige Handlungen über einen längeren Zeitraum.
Typische Formen von Mobbing:
Soziale Ausgrenzung: Ignorieren, Ausschließen von Besprechungen oder gemeinsamen Aktivitäten
Verbale Angriffe: Beleidigungen, abwertende Bemerkungen, ständige Kritik
Rufschädigung: Gerüchte, Verleumdungen oder Unterstellungen
Behinderung der Arbeit: Vorenthalten wichtiger Informationen, gezielte Arbeitsüberlastung
Hierarchisches Mobbing (Bossing): Mobbing durch Vorgesetzte, z. B. durch ständige Demütigungen oder ungerechtfertigte Abwertungen
Ursachen: Warum entsteht Mobbing am Arbeitsplatz?
Mobbing entsteht oft in einem komplexen Zusammenspiel verschiedener Faktoren:
Individuelle Faktoren
Konkurrenzdenken, Neid oder Unsicherheit unter Kolleg*innen
Persönliche Konflikte, die nicht konstruktiv gelöst werden
Teamdynamik
Gruppenmechanismen wie „Sündenbockbildung“
Konflikte, die nicht frühzeitig gelöst werden
Organisatorische Faktoren
Hierarchien mit wenig Transparenz
Fehlende Konfliktkultur oder unklare Verantwortlichkeiten
Arbeitsüberlastung, Druck und Wettbewerb
Gesellschaftliche Faktoren
Diskriminierung aufgrund von Geschlecht, Herkunft, Alter oder anderen Merkmalen
Leistungsdruck und ständige Veränderungsprozesse
Folgen von Mobbing für Betroffene und Unternehmen
Für Betroffene:
Psychisch: Angst, Depression, Burnout, Selbstzweifel
Körperlich: Schlafstörungen, Herz-Kreislauf-Beschwerden, Magenprobleme
Beruflich: sinkende Motivation, Leistungsabfall, innerliche Kündigung oder Arbeitsplatzverlust
Für Unternehmen:
Sinkende Motivation und Produktivität
Erhöhte Fehlzeiten und Krankheitsquoten
Schlechtes Betriebsklima
höhere Fluktuation
Reputationsverlust als Arbeitgeber
Was tun bei Mobbing am Arbeitsplatz? – 6 konkrete Schritte
Mobbing zu erleben, ist eine enorme Belastung. Dennoch gibt es Handlungsmöglichkeiten, die Betroffenen helfen, ihre Situation zu verbessern. Wenn du Betroffen bist, ist es jetzt besonders wichtig aktiv zu handeln. Die nachfolgenden Schritte helfen dir dabei:
1. Mobbing erkennen und dokumentieren
Führe ein Mobbing-Tagebuch: Notiere konkrete Vorfälle mit Datum, Uhrzeit, Beteiligten und Inhalten
Sammel Beweise: E-Mails, Chatnachrichten oder schriftliche Anweisungen
Achte auf Muster: Wiederholte Angriffe sind ein zentrales Kriterium für Mobbing
2. Selbstschutz stärken und Hilfe nutzen
Psychologische Unterstützung: Beratungsgespräche helfen, Strategien zu entwickeln und die Belastung zu verarbeiten
Grenzen setzen: Klare, sachliche Kommunikation signalisiert, dass Übergriffe nicht akzeptiert werden
Soziale Ressourcen nutzen: Vertraute Kolleg*innen, Freunde oder Familie einbeziehen
3. Gespräch suchen
Direkte Ansprache: Sprechen Sie die mobbende Person sachlich auf ihr Verhalten an (nur wenn es sicher erscheint)
Vorgesetzte oder HR einbeziehen: Führungskräfte sind verpflichtet, für ein gesundes Arbeitsumfeld zu sorgen
Betriebsrat oder Personalvertretung: Ansprechpartner*innen für innerbetriebliche Konflikte
4. Externe Hilfe nutzen
Beratungsstellen für Mobbing bieten Unterstützung und Rechtsberatung
Arbeitsrechtliche Schritte: Kündigungsschutzklagen, Schadensersatz oder arbeitsrechtliche Sanktionen gegen Mobber
Psychologische Beratung oder Coaching: Stärkung der eigenen Resilienz und Entwicklung von Handlungsstrategien
Externe Mediation, wenn innerbetriebliche Lösungen nicht greifen
5. Prävention im Unternehmen einfordern
Unternehmen sind gesetzlich verpflichtet, ihre Mitarbeiter*innen vor gesundheitlicher Schädigung zu schützen (§ 3 Arbeitsschutzgesetz)
Fordere klare Anti-Mobbing-Richtlinien und Präventionsmaßnahmen ein
Mobbing am Arbeitsplatz: Wann professionelle Hilfe wichtig ist
Wenn die Belastung stark zunimmt, Schlaf und Gesundheit leiden oder Selbstzweifel überhandnehmen, ist es wichtig, psychologische Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Psychologische Beratung bietet viele Vorteile:
Raum, um Gefühle zu verarbeiten
Reflexion und emotionale Entlastung
Entwicklung von Handlungsstrategien
Stärkung der Resilienz
Begleitung bei Entscheidungsprozessen (z.B. Jobwechsel)
Fazit
Mobbing am Arbeitsplatz ist ein ernstzunehmendes Problem, das Betroffene psychisch, körperlich und beruflich massiv belastet. Doch niemand muss Mobbing tatenlos erdulden. Mit klarer Dokumentation, der Suche nach Verbündeten und professioneller Unterstützung lassen sich Auswege finden. Unternehmen tragen eine Mitverantwortung, ein Arbeitsumfeld zu schaffen, das von Respekt und psychologischer Sicherheit geprägt ist.
🔎 FAQ – Mobbing am Arbeitsplatz
Woran erkenne ich, dass es wirklich Mobbing ist?
Mobbing liegt vor, wenn feindselige Handlungen über längere Zeit systematisch auftreten und nicht bei einem einzelnen Konflikt.
Sollte ich sofort zum Anwalt gehen?
Ein rechtlicher Schritt ist sinnvoll, wenn innerbetriebliche Lösungen scheitern. Vorher sollten Gespräche, Dokumentation und HR eingebunden werden.
Sollte ich sofort kündigen, wenn ich gemobbt werde?
Eine Kündigung ist ein letzter Schritt. Vorher sollten Gespräche, Dokumentation und externe Beratung genutzt werden
Was können Führungskräfte gegen Mobbing tun?
Klare Haltung gegen Mobbing, Förderung einer offenen Konfliktkultur, frühzeitige Intervention bei Spannungen.
Gibt es Unterschiede zwischen Mobbing und Bossing?
Ja. Mobbing kann von Kolleg*innen ausgehen, während Bossing gezieltes Mobbing durch Vorgesetzte bezeichnet.
Wer hilft bei Mobbing?
Betriebsrat, Personalabteilung, externe Beratungsstellen, psychologische Beratungen oder Fachanwälte für Arbeitsrecht.
Quellen
Einarsen, S., Hoel, H., Zapf, D., & Cooper, C. L. (2011). Bullying and Harassment in the Workplace: Developments in Theory, Research, and Practice. CRC Press.
Zapf, D., & Einarsen, S. (2020). Mobbing am Arbeitsplatz: Definition, Ursachen, Folgen und Interventionen. In: Handbuch Stressregulation und Sport. Springer.
Leymann, H. (1996). The content and development of mobbing at work. European Journal of Work and Organizational Psychology, 5(2), 165–184.
Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA). Mobbing am Arbeitsplatz.




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